Ganesha Yoga Hintergründe

Om und YogaAnmeldung

Warum singen wir kein OM in den Yogakursen bei Ganesha?

OM ist nicht Yoga. Das Rezitieren der Silbe OM hat mit Yoga nichts, mit Hinduismus aber viel zu tun.

Das Tönen der Silbe OM wird immer wieder in den Medien als eine Praxis des Yoga dargestellt. Allem Anschein nach gehört das Rezitieren von OM zum Yogaüben dazu. Gleichzeitig finden es kritische Geister befremdlich oder albern, dass erwachsene westliche Menschen zusammen sitzen und OM tönen. So hält ein OM-tönender Menschenkreis in salopper Kleidung auch gelegentlich zur Karikatur einer Yoga-Gemeinde her, in der es esoterisch zugeht. Aber weder ist die Assoziation des Yoga mit dem OM richtig, noch stimmt der Esoterik-Bezug. OM ist nicht Yoga.

Es ist allgemein bekannt, dass der Yoga aus dem Osten, aus Indien zu uns gekommen ist. Die vorherrschende Religion Indiens ist der Hinduismus. Wie hier im Westen Menschen des Sonntags in die Kirche gehen oder in christlichen Klöstern Kontemplation betreiben, so besucht der gläubige Hindu den Tempel und betet zu seinem Gott. Dabei gibt es kaum ein Ritual, kein Gebet, kein Lied, das nicht die Silbe OM benutzt. OM steht für alles, was einem Hindu heilig ist. Ohne Frage gehört das Rezitieren von OM also in einen ganz bestimmten religiösen Zusammenhang, den des Hinduismus.

Lassen wir zu diesem Thema jemanden sprechen, der es wissen muss: T.K.V. Desikachar ist ein auch im Westen wohl bekannter Yogalehrer der in Chennai, Indien lebt. Er sagt:
„Das Benutzen von OM im Yogaunterricht ist in vielerlei Hinsicht sehr problematisch. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, dass OM den Yoga so infiltriert hat. Wahrscheinlich ist es die Folge eines großen Fehlers, den wir Hindus gemacht haben. Als gläubige Hindus beginnen wir unsere Gebete und Rezitationen immer mit „Hari OM“ und nennen damit den Namen unseres Gottes... Für uns Hindus ist OM etwas, was wir mit größtem Ernst und Respekt betrachten, denn es repräsentiert für uns Brhaman, das Höchste, Gott, der alles ist, der die Welt erschaffen hat, indem er die Silbe OM sprach. Der große Lehrer des Yoga, Patañjali erwähnt dieses Wort in seinem Yoga Sûtra Text jedoch nicht.“ Wohl kennt auch der Yoga Techniken, in denen das Rezitieren von Silben genutzt wird, um den Geist auszurichten. „Für die Hindus ist dafür zweifellos OM das beste Wort. Für jemand anderen kann es aber genauso gut ein anderes Wort sein. Die Verwechslung von Hinduismus und Yoga hat für uns YogalehrerInnen unnötige Probleme geschaffen.“


Yoga ist nicht OM. Yoga verknüpft seine Philosophie und Praxis also nicht mit dem hinduistischen Glaubenssystem. Der zweitausend Jahre alte Text, der allen Menschen, Indologen wie Laien im Osten wie im Westen als der Bezugstext des Yoga gilt, das Yoga Sûtra von Patañjali, nimmt von der Benutzung der Silbe OM deshalb bewusst Abstand.

Darüber hinaus setzt Yoga überhaupt den Glauben an einen Gott nicht voraus für die Erklärung und Bewältigung der Schwierigkeiten, denen wir Menschen in der Welt begegnen. Er lehnt ihn aber auch nicht ab und steht so jedem offen, egal ob er ein gläubiger Mensch ist oder nicht, gleich ob er Christ ist, Hindu, Moslem oder Jude...

In der westlichen Welt gab es neben der dominierenden christlichen Religion immer auch nicht-religiöses philosophisches Denken. Gleichermaßen gibt es in Indien schon seit mehr als zweitausend Jahren philosophische Denksysteme, die den Bezug auf eine höhere Kraft, auf die Existenz eines Gottes nicht zur Basis der Erklärung der Welt machen. Und Gott nicht in das Zentrum ihres Weges stellten. Yoga ist eines dieser Systeme.

Fragt sich nun noch, wie es dazu kam, dass OM im Westen einen solchen Siegeszug in den Yoga gehalten hat? Die Antwort ist doppelt einfach:

Diejenigen, die den Yoga in Indien kennen gelernt haben, übten ihn mit hinduistischen Lehrern, die zu Beginn ihres Unterrichtens ihren Gott um ein glückliches Gelingen bitten – eben mit der Silbe OM.

Andere Hindus, die den Yoga in den Westen getragen haben, wie zum Beispiel der berühmte Yogânanda Anfang des letzten Jahrhunderts nach Amerika, brachten ihn im gleichen Rucksack mit wie ihren hinduistischen Glauben. Ihnen war die Notwendigkeit, auf die Getrenntheit der beiden Systeme hinzuweisen gar nicht bewusst. Und so wuchs unbedachter Weise etwas zusammen, was nie zusammengehörte: OM und Yoga.

In Wirklichkeit ist das Verhältnis von Hinduismus und Yoga aber schon immer eher problematisch. Das kann man in der heiligen Schrift der Hindus, dem Brahma Sûtra nachlesen. „Der Yoga ist abzulehnen“ heißt es da. Warum? Weil er die Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit des hinduistischen Gottesbegriffes nicht teilt. Das hat im praktischen Leben jedoch viele Hindus nicht abgehalten davon, die Methoden des Yoga zu benutzen da, wo sie sich konzentrieren, sammeln oder heilen wollen.

Was wir im Westen also mit dem OM im Yoga anfangen können ist also mehr als unklar. Weder sind wir Hindus, noch können wir es werden, selbst wenn wir wollten. Als Hindu wird man nur geboren, man kann nicht dort hin konvertieren. Und die meisten Menschen, die Yoga üben, haben überhaupt keine Lust, ihren Glauben zu wechseln, wenn sie sich denn überhaupt zu einem bekennen. Sie möchten einfach nur in den Genuss der Wohltaten des Yoga kommen. Lassen wir sie doch auch einfach Yoga praktizieren – ohne den Gott der Hindus anzurufen! Es gibt so viele andere schöne Silben, die man beim Üben tönen kann.

(Quelle: byz.de)